(Auszug)

 

 

Plädoyer für ein eigenes Sch-Zeichen

 

 

 

Im Schriftbild der Länder die sich der lateinischen Schrift bedienen kommt es häufig vor, dass trotz einer gleichen oder weitgehend ähnlichen Buchstabenreihe bestimmte Laute unterschiedlich dargestellt werden.

Besonders betroffen von einer differierenden Schreibweise ist dabei jener Zischlaut, der im Deutschen als sch erscheint, der postalveolare Frikativ.

Der deutschen Darstellung noch relativ nahe steht hier die englische, in der der Laut als sh geschrieben wird.

Auch gibt es im Englischen, gleich dem Deutschen, keine stimmhafte Variante des Lauts, wie sie sich etwa in französischen Lehnwörtern, wie Garage oder Etage findet, sondern nur die stimmlose.

Sowohl aus dem Buchstabenverständnis der englischen, wie der deutschen Sprache erscheint jedoch ein polnischer Städtename wie Szczecin zunächst nur schwierig auszusprechen.

 

Wer sich dabei auf seine herkömmliche Auffassung der Artikulation der Buchstaben verlässt, wird kaum verstanden. Die gewohnte Umsetzung von Konsonanten streikt angesichts dieser Form der Aneinanderreihung, die aber in slawischen Sprachen mit lateinischer Schrift oft anzutreffen ist.

 

Allein der Sch-Laut wird in allen Sprachen die ihn enthalten und sich der lateinischen Schrift bedienen unterschiedlich dargestellt, was angesichts einer verhältnismäßig weitgehenden Übereinstimmung die bei anderen Konsonanten besteht verwundert.

Es scheint hier ein Mangel der lateinischen Schrift deutlich zu werden, die offenbar keinen eigenen Buchstaben für diesen Konsonanten aufweist, der von einem großen Teil der lateinischen Schriftsprachgemeinschaften gesprochen wird.

 

Nicht nur benötigt man im Deutschen drei Zeichen um den relativ einfachen und deutlich definierten Laut – deutlich definiert etwa im Unterschied zum Y oder zum C- darzustellen, sondern auch ergibt die Buchstabenkombination des sch in der Abfolge oder Vermischung der sonstigen Aussprache dieser drei Zeichen keineswegs den Laut den sie hier anzeigen soll.

 

Andere Sprachen die sich der lateinischen Schrift bedienen scheinen ein ähnliches Problem damit zu haben. Das Englische benötigt zwei Konsonantenzeichen zur Darstellung des Lautes, das Italienische ein sc oder sci.

Anders in jenen Sprachen, in denen man den Laut nicht in Bezug zum setzt, wie im Maltesischen, Galizischen und Katalanischen, wo er als X dargestellt wird, was sich vom griechischen Chi herleitet.

 

In den slawischen Sprachen mit lateinischer Schrift, war man aufgrund der Vielzahl differierender Gleit- und Zischlaute gezwungen auf mehrere Buchstabenkombinationen zurückzugreifen.

So wird der dem deutschen Sch nahestehende Laut im Polnischen als sz geschrieben, ein Tsch -Laut wird als cz , die stimmhafte Variante als rz.

 

Wenn man das nicht weiß, kann etwa der Name des Schriftstellers Andrzej Szczypiorski als Aussprache-Rätsel erscheinen.

 

In anderen osteuropäischen Sprachen in denen die lateinische Schrift benutzt wird, etwa im Tschechischen, werden diakritische Zeichen eingesetzt, um den postalveolaren Reibelaut und seine Varianten darzustellen: Š.

Eine Regelung die in der wissenschaftlichen Transliteration und auch von manchen deutschsprachigen Verlagen bei der Übertragung kyrillisch geschriebener Worte übernommen wird. So erscheint der Name Anton Tschechows - Антон Чехов - mitunter als Anton Čechow.

 

Wie erklärt sich der Mangel der lateinischen Schrift, keinen eigenen entsprechenden Buchstaben für den Sch-Laut zu enthalten?

 

In der phönizischen, später hebräischen, bzw. aramäischen Schrift, von der sich die lateinische Schrift über die Griechische herleitet, hat der dem sch entsprechende Laut einen eigenen Buchstaben, das Schin- ש- das vorletzte Zeichen der hebräisch-aramäischen Buchstabenreihe.

Die Griechen hatten zwar die aramäisch/hebräische Buchstabenreihe übernommen, sie durch Vokalzeichen ergänzt und die Schreibrichtung umgekehrt, jene Konsonanten aber, deren Aussprache im Griechischen keine Entsprechung hatte, erhielten in der griechischen Schrift eine modifizierte oder reduzierte Aussprache.

So das Schin,ש, da die griechische Sprache keinen entsprechenden Laut enthält. Das hebräische Zeichen erscheint an der betreffenden Stelle der griechischen Buchstabenreihe in gekippter Form als das stimmlose S des griechischen Sigma - Σ .

 

Aus diesem entwickelte sich, indem zunächst der untere Querbalken wegfiel, dann der obere der Schräge angeglichen wurde, das heutige   der Lateinischen Schrift...(...)

(Auszug)

 

(C)Herbert Antonius Weiler, 2006

 

 

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