Antisemitismus fängt dort an, wo man Juden etwas übel nimmt, was man anderen nicht übelnehmen würde.

Henryk M. Broder

 

 

Von 2015 bis 2023 hat die UN-Generalversammlung allein 154 Resolutionen ausschließlich gegen Israel verabschiedet und insgesamt 71 gegen andere Länder. 

Die UN-Watch-Datenbank dokumentiert außerdem, dass der UN-Menschenrechtsrat von 2006 bis 2024 108 Resolutionen gegen Israel, 45 gegen Syrien, 15 gegen den Iran, 10 gegen Russland und 4 gegen Venezuela verabschiedet hat.

Im Jahr 2024 wird die Generalversammlung der Vereinten Nationen voraussichtlich 17 Resolutionen zu Israel und nur sechs Resolutionen zum Rest der Welt verabschieden , ...

unwatch.org

 

 

 

 

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat sich am 6.12 auf Artikel 99 der UN-Charta berufen um Israel zu stoppen im Gazastreifen. Das hat er nicht als Syrien Bürgerkrieg gegen die eigene Bevölkerung geführt hat, nicht als Russland die Ukraine überfiel,  aber wenn Israel sich verteidigt, gegen einen massiven  Terroranschlag - da macht er es. Wenn sie wissen wollen, was genau Antisemitismus ist: Das ist Antisemitismus. Wenn für Juden anderes Recht gilt, als für den Rest der Welt.                               Dieter Nuhr, Jahresrückblick 2023

Meine Familie ist progressiv und säkular, daher war sie gegenüber meiner Kritik am Islam und der muslimischen Gesellschaft tolerant. Aber als ich anfing, die Hamas zu kritisieren und das Existenzrecht des israelischen Staates zu verteidigen, beendeten mein bester Freund und mein Bruder ihre Beziehung zu mir. Dadurch wurde mir etwas klar, was ich schon lange wusste, aber nicht in Worte fassen konnte: Palästina ist auch eine Religion.           Luai Ahmed, Kolumnist für die schwedische Nachrichten-Website „Bulletin“.

 



 

Das vierte Kollektiv

Das Internet und die Judenfeindlichkeit

 

 

 

 

 

 

 - Im Unterschied zum gewachsenen Gemeinwesen, wie es sich aus Verbänden von kleineren Verbänden und letztlich aus der lebendigen Beziehung der Einzelnen zueinander fügt, zielt das Kollektiv auf den Zusammenschluss der Menschen zu einem einheitlichen Block, der Gemeinschaft um der Gemeinschaft willen. Der Begriff des Faschismus, der sich aus dem römischen Rutenbündel ableitet, sollte ursprünglich die Bündelung des Willens der Vielen unter einer vereinheitlichenden Führung veranschaulichen. Daher führt die kollektivistische Gesellschaft stets zu einem totalitären System. Oder umgekehrt: eine totalitäre Führung strebt immer eine kollektivistische Gesellschaft an.

 

- Ein mit Verlässlichkeit früher oder später im Zuge der Bildung kollektivistischer Gemeinschaften auftretendes Merkmal ist die Judenfeindlichkeit. Im Falle des NS-Staats gehörte sie gleichsam zum Manifest. Im Kommunismus bzw. Stalinismus stellte sich eine systematische Judenverfolgung nach ein bis zwei Jahrzehnten ein.

 

- Der israelische Historiker Yehuda Bauer hob 2003 in einem Zeitungsartikel drei totalitäre Systeme des zwanzigsten  Jahrhunderts hervor, die einen jeweils spezifischen Antisemitismus als wesentliches Merkmal entwickelten. Neben Nationalsozialismus und Stalinismus, trat als letzte der maßgeblichen Ideologien dieser Art, so Bauer, der Islamismus als totalitäres System hervor, das ebenfalls mit einer genozidalen Judenfeindlichkeit verknüpft ist.  "Der dritte Totalitarismus / Radikale Islamisten kämpfen um die Weltherrschaft. Das haben sie mit Hitler und Stalin gemein" Yehuda Bauer, Die Zeit, 2003.

 

- Freilich stellt die Unterscheidung von Islam und Islamismus, als Begriff für einen politischen Islam, eine westliche Projektion dar, die auf dem Selbstverständnis der Trennung von Regierungsmacht und Religion basiert, wie es sich in den christlichen Gesellschaften entwickelte. Hervorgehend aus Stellen in den Evangelien, etwa wo Jesus anhand der zwei Seiten einer Münze die Aussage trifft, man möge dem Kaiser geben, was des Kaisers ist, Gott aber was Gottes ist. Oder wo er vor Pilatus stehend, diesem auf die Frage, ob er der König der Juden sei, antwortet: "Mein Reich ist nicht von der Welt, wäre mein Reich von der Welt, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde; nun aber ist mein Reich nicht von hier."

 

- Der Islam selbst kennt eine prinzipielle Trennung von Islam und politischem Islam nicht. Die Errichtung einer politischen Herrschaft gehört zur konzeptuellen Grundlage der Lehre Mohammeds und wurde von Beginn an umgesetzt. Binnen zwanzig Jahren wuchs der Islam zu einer militärischen Supermacht heran und expandierte entsprechend schnell. Das Christentum hatte im Unterschied dazu in seinen Anfängen über drei Jahrhunderte als Lehre einer verfolgten Minderheit existiert, die sich zunächst allein durch Dialog und Lehre vermittelt hatte.

Anders Mohammed, der alsbald zum Kriegsherrn avancierte und die Unterwerfung unter die Umma, unter die Gemeinschaft der Gläubigen einforderte, nachdem er in Medina zur Macht gekommen war. Die Ausrottung zweier ansässiger jüdischer Stämme, die ihm unbotmäßig erschienen, wird im Koran beschrieben.  der wechsel der gebetsrichtung >>

 

- Es war die europäische Aufklärung, die in romantischer Verklärung die Erzählung von der angeblichen Toleranz des Islam verbreitete. Sie diente dem neuen Bürgertum zur Kritik an Christentum und Kirche. Der Realität der muslimischen Herrschaft entsprach sie nur wenig. Zwar hatte es in Andalusien unter der Herrschaft der Omajaden eine gewisse Phase der religiösen Toleranz gegeben, in der freilich weder Juden noch Christen die gleichen Freiheiten wie Muslime genossen, jedoch endete diese Zeit relativ bald, nachdem andere Dynastien die Macht übernahmen. So ereignete sich das erste Pogrom an Juden auf europäischem Boden im Jahre 1066 in Granada, das damals seit über dreihundert Jahren ein Zentrum der islamischen Herrschaft in Spanien bildete. Ein muslimischer Mob überfiel die Häuser der Juden und ermordete etwa 4000 Menschen. Die Zahl der Todesopfer soll einigen Historikern zufolge, die der späteren christlichen Pogrome im Rheinland übertroffen haben.  Auch fanden die ersten Zwangskonversionen und Vertreibungen in Spanien unter muslimischer Herrschaft statt, lange vor der christlichen Rückeroberung und der späteren Inquisition, in der man, unter Isabella von Kastilien, zu ähnlichen Methoden griff. Unter dem Regime der Almohaden, das 1148 begann, wurden Juden und Christen vor die Alternative gestellt, entweder zum Islam zu konvertieren oder das Land zu verlassen, andernfalls drohte die Hinrichtung. Der jüdische Philosoph und Arzt Maimonides musste aus diesen Gründen mit seiner Familie aus Spanien fliehen.

 

- Entgegen der Vorstellung, bei den Verfolgungen der Juden  habe es sich vornehmlich um europäische Vorkommnisse gehandelt, weist die Geschichte der islamischen Länder durchaus eine Kette von Pogromen auf, beginnend mit dem Massaker am jüdischen Stamm der Banu Quraiza, das Mohammed selber befehligte, bis hin zur Charta der Hamas, in der ein Hadith - eine kanonisierte Überlieferung der Aussprüche Mohammeds - zitiert wird mit der genozidalen Aussage:  "Die Stunde (der Auferstehung) wird nicht kommen, bis ihr die Juden bekämpft. Die Juden werden sich hinter Steinen und Bäumen verstecken. Dann werden die Steine und Bäume rufen: Oh Moslem, Diener Allahs, da ist ein Jude hinter mir, komm und töte ihn"(Sahih bukhari 2925) 

Das Hadith taucht jedoch nicht nur im Manifest der theokratischen Hamas auf, auch vom Mufti der palästinensischen Autonomiebehörde wurde es in einer Rede anlässlich der 47. Jahrestags der Fatah rezitiert.

 

- Der islamische Antisemitismus ist ein belegbares, wirkmächtiges Faktum. In moderner Zeit erscheint er zudem ideologisch artikuliert, so etwa in den Texten der türkischen Millis Görüs oder seitens der von Ägypten ausgegangenen, im Jahre 1928 entstandenen Muslimbruderschaft. Diese und ähnliche Bewegungen sind es meist, die unter dem westlichen Begriff des Islamismus kursieren . Sayyid Qutb, einer der maßgeblichen Protagonisten der Muslimbrüder, redet in seiner 1950 erschienenen Schrift „Unser Kampf mit den Juden“, von einer „antagonistischen jüdischen Macht“ und von einer dem Judentum seit der Zeit Mohammeds „immanenten Feindschaft gegen den Islam“. 

Das  Judentum, so Qutb, strebe im Verborgenen nach der Weltherrschaft oder übe dieses bereits aus und kontrolliere aus dem Hintergrund die Weltpolitik. Westliche Verschwörungstheorien, wie "Die Protokolle von Zion" fließen ebenso ein, wie die Massaker, die Mohammed an den Juden in Medina befehligte und die als berechtigte Verteidigungsmaßnahme dargestellt werden. Entsprechend wird die Verbreitung des Islam, auch durch Gewalt gegen Nicht-Muslime, von Qutb als notwendig gepredigt.

Sein Vorgänger Al Bana war ein Verehrer des Muftis von Jerusalem, Al Husseni, der in engem Kontakt zu Hitler stand und mehrfach in Berlin von ihm empfangen wurde. Bei einem dieser Besuche setzte sich der Mufti persönlich dafür ein, 2500 jüdische Kinder, die man  auf Himmlers Geheiß vom Transport nach Auschwitz ausgenommen hatte, doch noch in den Tod zu schicken. Himmler hatte vorgehabt, die Kinder über Unterhändler in der Türkei gegen Lastwagen für die SS einzutauschen. Der Mufti hatte jedoch eingewandt, sie würden dann später in Palästina gegen die Araber kämpfen, worauf Hitler seinem Wunsch nachkam.  Al Husseini stellte im Auftrag der Nazis eine SS-Division auf dem Balkan sowie auch eine im Nahen Osten auf, die einer dortigen "Endlösung" zuarbeiten sollten. Er inszenierte etliche Terrorakte und Massaker an der jüdischen Bevölkerung Palästinas, so das Pogrom von Hebron im Jahre 1929, bei dem 60 Juden ermordet wurden und die dort seit Jahrhunderten ansässige jüdische Bevölkerung vertrieben wurde.

 

- Aus der Muslimbruderschaft gingen lokale Ableger in Syrien, Jordanien und anderen Ländern hervor, so auch die Hamas in Gaza, die ihren Terror zwar als Befreiungskampf gegen Israel darstellt, jedoch den Maximen der Muslimbruderschaft folgend, die Herrschaft einer islamischen Theokratie weltweit anstrebt.  

Dort wo ein kollektivistischer Zwang das Gemeinwesen besetzt, scheint Judenfeindlichkeit eine sich stets einstellende und zwangsläufige Folgeerscheinung zu sein. Ein Indikator.

 

 

 

 

Die Judenfeindlichkeit kollektivistischer Systeme

und der essentielle Anarchismus des Judentums. 

 

 

- Die Ablehnung von Minderheiten dürfte einer kollektivistischen, blockbildenden Gemeinschaft inhärent sein. Sie stören den Zwang der Vereinheitlichung und sollen assimiliert oder ausgestoßen werden. Die Juden waren in besonderer Weise betroffen, weil sie seit zwei Jahrtausenden  als Minderheit existieren. Aber auch andere Minderheiten wurden im NS-Staat verfolgt.

 

- Nicht so, wie die Juden, deren Verfolgung bekanntlich zum öffentlichen Programm der Nazis gehörte.

Dieser dezidierte Hass lässt sich nicht hinreichend über den Minderheiten-Status erklären. Auffällig ist zudem die ausgeprägte Judenfeindschaft in einigen Ländern, in denen gar keine Juden leben, so etwa Pakistan. Es ist eine spezifische, instinktive Feindschaft, die sich in kollektivistischen Systemen bildet.

Und der Grund für diese spezifische Feindseligkeit kollektivistischer Systeme liegt im essentiellen Anarchismus des Judentums. Im Judentum wurde der Mensch erstmals als Einzelner gegenüber dem Himmel und gegenüber seinen Mitmenschen begriffen. Es war die Achtung vor dem Leben des Einzelnen, die das Judentum von allen anderen Völkern der Antike unterschied, so etwa in der kategorischen Ablehnung des Menschenopfers.

Der Hass kollektivistischer Staatsformen auf die Juden erweist sich auf diese Weise als der Hass auf den Impuls der Individuation und auf die Achtung, die dem Leben des Einzelnen gilt. 

 

- Ist nicht gerade das Judentum eher für seinen detaillierten Gesetzeskodex bekannt, als wegen eines Anarchismus? 

 

-Im Kollektiv wird der Einzelne nur als Funktion der Gemeinschaft begriffen, die sich damit quasi durch sich selbst begründet -  als Gemeinschaft um der Gemeinschaft willen. Damit auf Zwang basierend und nicht etwa auf der freien Beziehung der Individuen zueinander. Die eigene Bewegung des Einzelnen wird in einem solchen Menschenbild  nicht begriffen. Sie wird als Motiv nicht wahrgenommen und bleibt ausgeschlossen. In diesem Sinne beschreibt der Politologe Bassam Tibi in seinem Text "Die Verschwörung" die Ausblendung einer eigenen "Geschichte des Subjekts"  und die Unterwerfung des Einzelnen unter die Uma, unter die Gemeinschaft der Gläubigen, als Grundzug der islamischen Gesellschaft. 

 

- Der Beweggrund des Einzelnen wird verdrängt und als Störung des kollektivistischen Gleichklangs wahrgenommen. Die im Kollektiv verdrängte eigene Bewegung erscheint, nach außen projiziert, als Bedrohung. Jegliche Veränderung wird so zum Werk einer äußeren Verschwörung. 

Als einer Verschwörung, die man letztlich immer wieder den Juden zuschreibt, die das Selbstverständnis des Einzelnen in seiner Freiheit und Eigenbewegung in die Menschheitsgeschichte eingebracht haben. Und die nach wie vor, in unterschwelliger Weise damit identifiziert werden. 

 

- Aber es gibt doch Verschwörungen. Wenn man etwa die Entstehung und mediale Aufrechterhaltung des Corona-Wahns und die Aussagen der WHO oder des Weltwirtschaftsforums betrachtet, fällt es schwer, darin nicht die Realisierung eines Plans und einer Strategie zu erkennen.

 

- Verschwörungen stellen nichts anderes als das Verdrängte des öffentlichen Bewusstsein dar. Das heißt, sie entstehen und können nur agieren aufgrund des verdrängten Lebens des Einzelnen und sind letztlich auch dadurch bedingt, in wie weit der Einzelne sich vom kollektiven Myzel bestimmen lässt - sei es in der Übereinkunft mit dem Mainstream - oder in der Reaktivität der Gegenkollektive. Verschwörungen können nie die Ursache einer gesellschaftlichen Katastrophe sein, so wenig wie ein Virus die Ursache einer Krankheit darstellt, sie sind nur die konkrete Erfüllungshilfe einer Vergewaltigung, die schon lange besteht .Cannabiskonsum etwa, erzeugt in direkter Folge Verschwörungen. 

 

- Nochmal: Wie können die Juden als Volksgemeinschaft für die Individuation stehen? 

 

- Der Impuls der Individuation musste zunächst vom Volk aufgenommen werden. Indem Gott sich ihnen als das Prinzip der Identität offenbart hat, indem er zu Moses im brennenden Dornbusch sprach "Ich bin der Ich bin". Wenn das Volk fragt, wer zu ihm gesprochen habe, soll er sagen "Ich bin der Ich bin" hat zu mir gesprochen. Der Mensch wurde damit zum Ich-Wesen, dem Himmel gegenüber, von ihm gleichermaßen getrennt, wie von der Natur getrennt und ihr gegenüber. Ein Grenzwesen. Darin liegt sein Menschsein. (Romano Guardini) 

Dieser Impuls wurde zunächst vorbereitend vom Volke aufgenommen, aus dem der Christus geboren werden sollte. In Christus ist dann der Gott der Identität selber Mensch geworden und hat damit jedem Menschen die Möglichkeit gegeben, in eine eigene Beziehung zum Himmel und zu seinen Mitmenschen zu treten, unabhängig von Clan- oder Volkszugehörigkeit. "

Im Christentum wurde der vom Judentum aufgebrachte ethische Impuls der Heiligkeit des Lebens des Einzelnen konkretisiert. So, indem Jesus auf die Frage des Schriftgelehrten, welches das wichtigste Gebot sei, jene beiden Stellen aus den mosaischen Büchern nennt, in denen zum einen die Liebe zu Gott und zum anderen die Liebe zum Nächsten genannt wird. Jesus stellt diese beiden Weisungen gleich. 

 

- Rudolf Steiner äußert dazu: „Der eigentlich moralische Antrieb für die Menschheit wurde erst durch das Judentum vorbereitet, dann durch das Christentum weiter ausgebildet." (GA 193,s.187) 

 

- Er meint allerdings mit moralischem Antrieb den ethischen Antrieb, denn die Moral, von Mores-Sitten, kann sich nur auf die Sitten des Gemeinschaftlichen bezieht. Hier aber ist das Verhältnis des Einzelnen zum Himmel und zum anderen Menschen gemeint, mithin die Ethik. 

 

 - Die Bestimmung des Volkes Israel wurde im Zuge des Judentums und mit Entstehung des Christentums zu Bestimmung des Einzelnen. Diese allegorische Auslegung der Thora war durch Philon von Alexandrien begründet worden, der ein Zeitgenosse von Jesus war. In diesem Sinne steht das Volk Israel in der spätantiken Hermeneutik bei Juden und Christen für die Seele, bzw. für den einzelnen Menschen in seinem Verhältnis zum Himmel, zu Mitmensch und Natur.  

 

- So auch in der Münchner Rhythmenlehre, wo die Verbindung von Saturn und Pluto als Ägyptische Gefangenschaft gedeutet wird, in der sich der Einzelne unter der Knechtschaft einer kollektivistischen Fremdbestimmung befindet.

 

- Daher der Hass des kollektivistischen Blocks auf die Juden. Der sich in der Folge ebenso auf das Christentum erstreckt. So erklärte Hitler in seinen protokollierten Tischgesprächen, man werde sich nach dem Krieg und dem Endsieg dem "Kirchenproblem" zuwenden. Wegen der Weisung zur Nächstenliebe, die sich auf alle Menschen bezieht, gleich ob krank, behindert, von anderer Hautfarbe oder Religion, sei das Christentum wider die natürliche Auslese. "Das reine Christentum führt zur Vernichtung des Menschentums, ist nackter Bolschewismus in metaphysischer Verbrämung", so Hitlers Resümee. ("Monologe im Führerhauptquartier", Werner Jochmann).

 

- Der Völkermordforscher Gunnar Heinsohn begründet die Judenfeindlichkeit und den damit verbundenen irrationalen genozidalen Hass der Nazis ebenfalls mit dem essentiellen Element der jüdisch-christlichen Ethik: In seiner Schrift "Warum Auschwitz?" erklärte er den Hass auf die "Lebensheiligkeit",  auf die Achtung vor dem Leben des einzelnen Menschen als das Grundmotiv des genozidalen Antisemitismus der Nazis. Diese unbedingte Wertschätzung des Lebens sei erstmals durch das Judentum in die Menschheitsgeschichte eingebracht und später im Christentum aufgenommen worden, so Heinsohn.

Er nennt als Beispiel die Ablehnung des Menschenopfers, das im Unterschied zum antiken Judentum bei den anderen Völkern, etwa den Germanen, Kelten und auch den Römern noch während der ersten Jahrhunderte n. Chr. praktiziert wurde, und das erst mit der Ausbreitung des Christentums sein Ende fand. Ebenso die Ablehnung der Tötung ungelegener Kinder. So mokierten sich die Griechen darüber, dass die Juden alle Neugeborenen am Leben ließen. Auch konstatiert Heinsohn, die Juden seien eines der wenigen Völker, das nie einen Genozid begangen hätte. Dem Einwand, in der Bibel werde durchaus von Genoziden berichtet, entgegnet Heinsohn, die Bibel sei kein historisches Zeugnis, was sich allein schon daran misst, dass die von den Juden angeblich ausgerotteten Stämme oder Völker, allesamt einige Seiten später wieder auftauchen. (Heinsohn, Lexikon der Völkermorde)

 

- Wirft man den Israelis nicht vor, sie würden im Zuge des Kriegs gegen die Hamas in Gaza seit dem Massaker vom 7. Oktober einen Genozid an den Palästinensern verüben?

 

- Genozid zu verüben, wird den Israelis bereits seit der Staatsgründung vorgeworfen und gehört zur Routine der israelfeindlichen Propaganda, etwa in der Türkei, in der Rhetorik des TV-Senders Al Jasirah, der, von Katar finanziert, praktisch als Propagandakanal der Muslimbrüder fungiert, und bei etlichen sozialistischen Sekten.  Aber auch sonst stösst die Behauptung die Juden bzw die Israelis hätten "auch" einen Genozid begangen auf eine merkwürdige Beflissenheit der Zustimmung und lässt die Augen so manchen Zuhörers begeistert aufleuchten. "Und was den „Genozid“ angeht, den Israel in Gaza begeht, so wäre es der erste in der Geschichte der Völkermorde, bei dem die betroffene Population sich vervielfachen konnte: Von etwa einer halben Million im Jahre 1985 auf über zwei Millionen heute."  H.M.Broder

Das israelische Vorgehen gegen die Hamas ist weder ein Genozid noch ein Kriegsverbrechen. Zurückgehend auf den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023, die seither weder alle Geiseln freigelassen noch kapituliert hat, ist es ein Akt der legitimen Selbstverteidigung.

Die Israelis setzten entweder Smart Bombs ein oder warnen rechtzeitig vor Angriffen. Dass zivile Ziele zerstört werden, liegt an der Hamas, die reihenweise Kommandozentralen und Nachschublager unter Krankenhäusern etc. eingerichtet haben. Dennoch hat es verhältnismäßig wenig Kollateralschäden gegeben, etwa gemessen am Vorgehen der USA im Irak, der Türkei in den Kurdengebieten oder Russlands in der Ukraine.

Tatsächlich wurden bei keiner anderen militärischen Aktion Zivilisten wie auch vermeintliche Zivilisten in derartiger Weise geschont, gewarnt und mit Hilfslieferungen bedacht, wie beim israelischen Vorgehen gegen die Hamas in Gaza. Dass die Zahl der bei Angriffen angeblich getöteten Palästinenser allein auf Angaben der Hamas zurückgeht, die zwischen Hamas-Terroristen und Zivilisten nicht unterscheidet, ihre Kommandozentren, Waffenlager und Raketenbasen gezielt unter Krankenhäusern, UN-Instituten, Schulen und Moscheen anlegt, eine unabhängige Berichterstattung seit 20 Jahren unterbindet und selbst versucht, die Opfer fehlgeleiteter eigener Raketeneinschläge den Israelis zuzuschieben, scheint in der öffentlichen Berichterstattung keine Rolle zu spielen. Sogar ein offensichtlich erfundener Kollateralschaden, ein angeblicher israelischer Raketenangriff auf ein Krankenhaus mit 500 Opfern, der sich tatsächlich als Einschlag einer fehlgeleiteten Hamas-Rakete, auf dem Parkplatz des besagten Hospitals herausstellte, wurde noch nach der Richtigstellung in Form abgehörter,  interner Hamas-Telefonate, von den Mainstream-Medien tagelang nachgebetet.

 

 

- In seiner Schrift "Warum Auschwitz" führt Heinsohn an, dass die durch das Judentum eingeführte Ethik der Lebensheiligkeit und Achtung des einzelnen Menschen, der kollektivistischen Vereinnahmung und der Todesideologie der Nazis im Wege stand. Der Haß auf die Juden sei letztlich der Haß auf den Menschen und auf die Achtung des Lebens. Mit den Juden habe man gleichsam den Gedanken der Lebensheiligkeit vernichten wollen. Sie wurden gewissermaßen als Verursacher eines Menschenbildes ausgemacht, das der kollektivistischen Missachtung und Vereinnahmung bis hin zur Opferung des einzelnen Lebens im Wege steht.

Man habe gemeint, mit der Vernichtung der Hardware die Software zu eliminieren.

 

- Diese Deutung unterstellt allerdings einen Schluss, der das Instinktive des Judenhasses nicht erfasst. Die kollektivistische Hass auf die Juden tritt jenseits, auch noch so infantiler konzeptueller Überlegungen auf. Er muss mit dem Impuls zu tun haben, der sich einst in der Ansprache Gottes an Moses den Menschen mitteilte und der die Geburt des Menschensohnes vorbereitete.

 

 

 

 

Das vierte Kollektiv

 

 

- Yehuda Bauer schrieb den Essay über die drei totalitären Systeme des zwanzigsten Jahrhunderts kurz nach der Jahrtausendwende, im Jahre 2003. (Der dritte Totalitarismus, Die Zeit, 32/2003)

Das vierte Kollektiv hatte zwar damals schon begonnen, war aber in seiner Totalität, mit der es das Leben des Einzelnen überschatten und verändern würde, noch nicht absehbar.

Das Internet und vor allem das mobile Internet mit seinem globalen Kollektivismus begann erst in den folgenden zwei Jahrzehnten den Alltag des Menschen zu beherrschen. Dieses vierte Kollektiv ist im Unterschied zu den, auf ein autoritatives, zentralistisches Führerprinzip ausgerichteten vorangegangenen Kollektiven, dezentral. Es bedarf keines Führers. Der Antagonismus von Staat und Masse besteht hier nicht mehr, vielmehr verbreitet sich die Kollektivierung, mittels der technischen Voraussetzung des Internets, aus sich selbst, wie ein Myzel. Nicht mehr steht der totalitäre Staat der Masse gegenüber, sondern das technokratische Myzel. 

Dieses Myzel bildet den vierten Kollektivismus, weit umgreifender und grundlegender als die vorhergehenden. Zugleich nicht fassbar, ein anonymes, auswucherndes Geflecht, sich ernährend von der okkupierten Gegenwart, persistierend in der Aufhebung der Wege und Orte.

 

- Mit dem Internet wurde es in neuer Weise trendy, gegen Israel zu sein. So etwa bei zahlreichen Schwulen- und Lesben-Vereinen sowie Gender-Ideologen, die freilich unter der Hamas keine Woche überleben würden. Der Judenhass in den sozialen Portalen Tiktok, X oder anderen Plattformen ist erstaunlich, wer dort nicht unterwegs ist, kriegt ihn nur anhand der Auswirkungen mit. Nach Nationalsozialismus, Stalinismus und Islamismus bildet das Internet das vierte Kollektiv. Eine Fremdbesetzung ohne Ideologie, ein Trend - einzig geprägt von der digitalen Aufhebung der Orte und Unterschiede.

 

- Die Unvereinbarkeit, die sich darin äußert, dass Orte von einander entfernt liegen, wird im Internet kurzgeschlossen und verdrängt. Der Stau der im technokratischen Geflecht verdrängten Unvereinbarkeiten lässt einen unterschwelligen Aggressionsstau entstehen. Er wird in den sozialen Plattformen und Foren mit zunehmender Vehemenz deutlich.              die zahl des tieres >>

Zunächst als demokratisierend wahrgenommen, stellt das Internet mittlerweile eine apersonale Autokratie des Digitalen Geflechts dar, die, mehr als irgendeine Reglementierung zuvor, in das Leben eines jeden Menschen eingreift. Und die in den sozialen Netzwerken eine Form des Antisemitismus aufscheinen lässt, etwa in der Reaktion auf das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023, der das vorherige übertrifft. Neben der einschlägigen Israelfeindlichkeit des Öffentlichen Rundfunks und der entsprechenden Berichterstattung der meisten offiziellen Medien, profilieren sich hierbei in besonderer Weise die Gegenkollektive.

 

 

 

 

  

 

Die Gegenkollektive

 

- In den Gegenkollektiven finden sich die Geächteten und Befremdeten, die die Fremdheit gegenüber der offiziellen Welt und der medialen Öffentlichkeit nicht ertragen und die sich in Gemeinschaften ähnlich Gesinnter einfinden um dort ein wenig Gemütlichkeit und Bestätigung zu haben. Oft entwickelt sich in derartigen Gegenkollektiven, etwa in Esoteriker- oder Astrologenkreisen eine spezifische, bescheidwisserische Judenfeindlichkeit, da die kollektivistische Gemütsverfassung hier ein spezifisches, quasi geschlossenes Treibhaus bildet.

 

- Dies betrifft etwa die Zirkel und Plattformen des Widerstands gegen die Maßnahmen des Corona-Wahns, esoterische und nicht zuletzt auch astrologische Foren, wo sich teils eine einfältige bis törichte, von jeglicher historischer und geografischer Kenntnis befreite, in der Gehässigkeit merkwürdig beharrliche Sicht auf den Nah-Ost-Konflikt äußert.

Wie im linken Meinungsspektrum  wird das irrige Klischee von den arabischen Ureinwohnern Palästina/Israels vorausgesetzt, die von einer westlich jüdischen Einwanderergesellschaft vertrieben worden seien. Man zitiert den Kurdenschlächter Erdogan als Zeugen gegen Israel, wie auch den TV-Sender Al Jaseerah, ein von Katar finanzierter Propaganda-Kanal, der hauptsächlich von der Muslimbruderschaft betrieben wird.

Derartige Quellen werden mit einer Naivität zitiert, eine Verdrehung und völlige Verfälschung der Geschichte Israels und der Araber predigend, als hätten sie geschichtliche Referenz.

Bei Israel handle es sich um einen Kolonialstaat, so die einfältige Botschaft. Ein Blick auf die Reiseberichte und Zeugnisse des 18. und 19. Jahrhunderts zeigt eine andere Realität. Dort wird das Land als weitgehend öde und menschenleer geschildert, so etwa in der Reiseerzählung Mark Twains von 1869, der die Region um Jerusalem wie auch den gesamten Küstenstreifen zwischen Jaffa und Haifa bis weit landeinwärts als menschenleere Öde beschreibt.    ("Die Arglosen im Ausland", Mark Twain, 1869)

Ähnlich der noch frühere Bericht des Niederländers Adrian Reland von 1714, in dem von einer vorwiegend jüdischen und christlichen Bevölkerung in den Städten berichtet wird, so auch in Gaza.

Eine Ausnahme sei Nablus, allein dort gebe es eine muslimische Bevölkerungsmehrheit. Jedoch sei offensichtlich keine einzige Stadt oder Siedlung in den vergangenen Jahrhunderten von Arabern gegründet worden. Ortsnamen genuin arabischen Ursprungs kommen, laut Reland, nicht vor, bei allen Ortsbezeichnungen handle es sich um sinnfreie arabische Abwandlungen von ursprünglich griechischen, lateinischen oder hebräischen Namen.   ("Palaestina ex monumentis veteribus illustrata", Adrian Reland, 1714)

 

- Tatsächlich war es zu einer verstärkten Einwanderung aus den arabischen Anrainerstaaten gekommen, als das Land im Zuge der jüdischen Rückkehr und Bewirtschaftung  ab 1890 prosperierte. Jedoch hatte bereits Mechmet Ali Pascha, der als Vasall der Osmanen, über Ägypten herrschte, in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts einen großangelegten arabischen Bevölkerungstransfer ins Westjordanland, also nach Judäa und Samaria, betrieben.

Ab wann und ob sich eine muslimische Bevölkerungsmehrheit gebildet hatte, ist kaum zu sagen, da unter osmanischer Herrschaft nie eine Volkszählung zustande gekommen war und die erste verlässliche Erhebung dieser Art im Jahre 1920 von den Engländern nach Beginn der britischen Mandatsherrschaft durchgeführt wurde. (Tilman Tarach, "Der ewige Sündenbock")

 

- Als die UNO in ihrer Resolution von 1948 einen jüdischen und einen arabischen Staat auf dem früheren britischen Mandatsgebiet Palästina proklamierte, wurde dieser von der jüdischen Bevölkerung, bzw. dem späteren Israel akzeptiert, nicht jedoch von den arabischen Staaten, die entgegen der vorherigen Abmachung, den UNO-Teilungsplan anzuerkennen, den nunmehr ausgerufenen jüdischen Staat mit genozidalen Absichten überfielen. Die USA standen damals noch gegen Israel und verweigerten sowohl die Anerkennung als auch jegliche Hilfe. Trotzdem gelang es Israel in diesem anfänglich aussichtslos erscheinenden Krieg gegen eine arabische Übermacht von Streitkräften aus den sechs Ländern, Ägypten, Jordanien, Syrien, Irak, Libanon und Saudi-Arabien, die Oberhand zu erlangen, so dass beim Waffenstillstand vom 20. Juli 1949 einige weitere Gebiete von Israel kontrolliert wurden.

 

- Im Zuge des Krieges war es zu Flucht und Vertreibung gekommen. Etwa 800000 arabische Flüchtlinge wurden nach Ende der militärischen Auseinandersetzung gezählt. Ihnen standen etwa 80000 bis 1 Million jüdischer Flüchtlinge aus den arabischen Ländern gegenüber, die selten Erwähnung finden und die in Israel aufgenommen und integriert wurden. Die arabischen Flüchtlinge wurden hingegen von der UNO und den arabischen Ländern in Lagern angesiedelt und seither in einem Flüchtlingsstatus gehalten, der, einzigartig in der Welt, vererbt wird, so dass die ursprünglich angegebene Zahl der 800000 Flüchtlinge mittlerweile auf das Siebenfache angewachsen ist.

Die Definition der arabischen Flüchtlinge des ehemaligen britischen Mandatsgebiets als "Palästinenser" und die damit verbundene Begriffsbildung eines palästinensischen Volkes erfolgte erst später, in den sechziger Jahren, im Zuge der Entstehung der PLO, der Palästinensischen Befreiungsfront, unter der Protektion des ägyptischen Machthabers Nasser, der damit Israel zu schwächen suchte. Zuvor betraf die Bezeichnung "Palästinenser" die jüdische als auch arabische Bevölkerung des geografischen Gebietes Palästina, das seit 1920 unter britischem Mandat stand und das vorher zum osmanischen Reich gehört hatte. Die Aneignung des Begriffs "Palästinenser" durch die PLO führte zu der falschen Gleichsetzung der heutigen "Palästinenser" mit der geografischen Region Palästina, verbunden mit der irrigen Vorstellung, Palästina sei einst das Land der politischen "Palästinenser" gewesen und diese seien durch die Gründung des Staates Israel aus ihrem Land vertrieben worden. Ein Etikettenschwindel mit fatalen Folgen.

 

Die Naqba

 

- So ist es kennzeichnend, wenn der Unabhängigkeitskrieg von 1948 in der anti-israelischen Propaganda als Naqba - als Katastrophe bezeichnet wird, ein Begriff, der sich ebenfalls erst in den 1960ern bildete, und der die Erzählung von der Vertreibung der Palästinenser in der arabisch-muslimischen Hemisphäre kultiviert. Von der Muslimbruderscghaft, bzw. Al Jasirah publiziert kommen diese Verfälschungen und historischen Unterschlagungen im Stile sachlicher geschichtlicher TV-Dokumentationen daher, den Al Jasirah trefflich zu kopieren verstanden hat. 

Die Tatsache, dass nach dem Krieg von 1948 das Westjordanland und Ostjerusalem von Jordanien  und der Gazastreifen von Ägypten besetzt wurde, taucht in diesen Darstellungen nicht auf. Ebensowenig die Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern, wie auch aus Samaria und Judäa im Westjordanland, einem seit Jahrtausenden von Juden bewohnten Gebiet. Auch die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung Ostjerusalems, wo die jordanische Besatzung 1948 die Synagoge zerstörte und mit den Grabsteinen jüdischer Friedhöfe die Strassen pflasterte, findet in diesen Darstellungen keine Erwähnung. Und auch nicht das Massaker an den Juden Hebrons von 1929, das zur Vertreibung der dortigen, seit Jahrtausenden ansässigen jüdischen Bevölkerung führte.

 

- Überhaupt stellt der Begriff der Naqba ein Paradebeispiel der nachträglichen Stilisierung des mit der Staatsgründung Israels und dem darauf folgenden Angriff der fünf arabischen Nachbarstaaten vebundenen Konfikts dar, der einmal mehr belegt, dass sich für die Palästinenser niemand intersssieren würde, wenn es sich bei Israel nicht um einen jüdischen Staat handeln würde.Das Schicksal der Palästinenser wäre so wenig zur Katastrophe stilisiert worden, wie die anderen Konflikte unter der arabischen Bevölkerung der Region. An einigen von ihnen waren nicht minder Palästinenser beteiligt oder Leidtragende. So etwa im kurzen jordanischen Bürgerkrieg, als die PLO versucht hatte gegen das Königshaus zu putschen. Im September 1970 war es zu einer Militäraktion gekommen, bei der Schätzungen zufolge bis zu 40000 Palästinenser starben und die PLO sich in den Libanon absetzte. Dort kam es zum Konflikt mit den libanesischen Christen, was dann in den libanesischen Bürgerkrieg mündete, in den nach einigen Jahren auch Israel eingriff, nachdem es aus dem Libanon heraus von der Fatah und von der schiitischen Hisbollah attackiert worden war. Oder die Zerschlagung des Aufstands der Muslimbrüder in der Stadt Hama durch die damalige syrische Regierung, die die Stadt mit Panzern umstellen ließ und die Muslimbruderschaft kurzerhand ausrottete mit 20 000 Todesopfern.

Als Naqba wurde keiner dieser Konflikte gewürdigt. Dieser Begriff wurde nur im Zusammenhang mit Israel generiert.

 

- Stets wird in der Terminologie der Medien vom "Westjordanland" gesprochen, und nicht etwa von Judäa und Samaria, wie die Namen der Landstriche seit biblischen Zeiten lauten und wie sie nicht nur von der jüdischen, sondern auch von der arabischen Bevölkerung genannt werden. 

 

- Zu "palästinensischem Land" wurden das Westjordanland sowie Ostjerusalem  und der Gazastreifen erst, als diese im Sechs-Tage-Krieg von 1967 durch Israel erobert worden waren.  Jordanien und Ägypten traten darauf großzügig von ihrem Besatzungsanspruch zurück und erklärten die Gebiete zu Palästinenserland. Das Motiv, mit den Palästinensern ein Pfand gegen Israel in der Hand zu haben, was mit dem andauernden Flüchtlingsstatus einhergeht, könnte offensichtlicher nicht sein. Gleichwohl bot Israel kurze Zeit nach dem Sechs-Tage-Krieg die Rückgabe der besetzten Gebiete gegen Friedensverträge an. Im sogenannten dreifachen "Nein" der arabischen Staaten beim Treffen in Khartum wurde jedoch jeglicher Friede mit Israel abgelehnt. Nach dem Jom-Kipur-Krieg von 1973 änderten allein Ägypten und Jordanien diese Haltung.

 

- Die Bezeichnung Palästina wurde der Region von den Römern verliehen, die nach dem niedergeschlagenen letzten Aufstand der jüdischen Bevölkerung, jegliche Erinnerung an das Land Israel tilgen wollten. Sie nannten das Land fürderhin "Palästina" in Anlehnung an die Philister, ein Seevolk, vermutlich europäischer Herkunft, das einst in Gaza herrschte.

 

- Tatsächlich findet sich eine heterogene Bevölkerung, wie sie möglicherweise über die Jahrhunderte in der Region existierte, am ehesten im heutigen Staat Israel  wieder, wo die Bevölkerung zu 20% aus arabischen Israelis besteht, die etwa im Parlament vertreten sind sowie in Justiz, Behörden, Polizei und Militär.

Auf diese Weise ist Israel das einzige Land in der Region, in dem  Muslime frei wählen und gewählt werden können und in dem gegenwärtig Araber, Christen als auch Muslime, unter rechtsstaatlichen, freiheitlich-demokratischen Bedingungen leben können. Auf diese Weise genießen etwa Drusen und Bahai in Israel Freiheit und Schutz, während sie in den umliegenden islamischen Ländern verfolgt werden.

  

- Im Jahre 2023 hatte sich der Konflikt um die armenische Enklave Berg Karabach zugespitzt. Aserbaidschan hatte die Region schließlich mit einer Blockade belegt, die weder Nahrungsmittel noch medizinische Hilfsgüter für die Armenier durchließ. ein ehemaliger Chefankläger des IGH in Den Haag wertete dies als Genozid durch eine geplante Hungersnot. Im September 2023 erfolgte dann eine großangelegte Militäroffensive,  in dessen Verlauf die armenische Enklave durch Aserbaidschan erobert und zerstört wurde. Etwa 200000 armenische Christen wurden bis zum 27. September vertrieben. 

Das Thema schaffte es kaum in die Nachrichten und wurde in den Medien kaum behandelt, nicht zuletzt, weil die Bundesregierung diplomatische Skrupel gegen das Rohstoffland Aserbaidschan wie auch gegenüber der Türkei, die Aserbaidschan unterstützt hatte, walten ließ.

 

Nur zehn Tage später erfolgte das Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten bei dem 1200 Menschen auf bestialische Weise ermordet und 250 als Geiseln verschleppt wurden. Dieses Massaker wurde auf den Strassen Berlins und auch in anderen Städten von Anhängern der Hamas unter Verteilung von Süßigkeiten gefeiert. Bereits am nächsten Tag ermahnte man Israel zur Zurückhaltung bei etwaigen militärischen Maßnahmen. In der Folge wurden täglich die gemeldeten Opferzahlen der Hamas-Behörden verlesen, ungeachtet der Tatsache, dass es in Gaza seit Errichtung der Hamas-Diktatur im Jahre 2004 weder Wahlen noch unabhängige Berichterstattung gibt, unbotmäßige Journalisten ermordet werden und die im Ausland residierenden Hamas-Funktionäre, die Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung öffentlich als Mittel des Krieges bezeichnen. Und dementsprechend Raketenbasen in Schulen, Moscheen und Krankenhäusern errichten. Der Sachverhalt ist bekannt und bedarf eigentlich keiner weiteren Erörterung.

 

- Eines scheint klar:  Würden in Israel keine Juden wohnen, würde sich kein Mensch für die Palästinenser interessieren.

 

- Erwartungsgemäß war man im verschwörungstheoretischen Treibhausklima der Gegenkollektive schnell bei der Hand, das Massaker wegen der Ignoranz und Lähme der israelischen Behörden gegenüber zuvor erfolgten Warnungen und der mangelnden militärischen Koordination, als inszeniert oder mit Absicht zugelassen, zu interpretieren. Dies ungeachtet der Tatsache, dass es im Vorfeld jeglicher Terroranschläge, etwa des Attentäters vom Magdeburger Weihnachtsmarkt oder des Attentäters vom Berliner Breitscheidplatz, zu eine Vielzahl von Warnungen und rätselhaften behördlichen Entscheidungen gekommen ist, die den Terrorakt ermöglichten. Anders als im Falle Israels und des Massakers vom 7. Oktober waren Verschwörungstheorien hier kaum zu vernehmen.

 

- Zugleich mit dem Verlauf des Gaza-Krieges in der Folge des 7. Oktobers, eskalierte im Sudan der Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den vom Iran als auch von Saudi Arabien und Russland unterstützten islamistischen Milizen, so dass es schließlich zum Zusammenbruch des Staates kam. Die Zahl der Todesopfer wird zum Ende des Jahres 2023 auf Dreissigtausend geschätzt, die der Vertriebenen auf über 100000. 

Keiner dieser Konflikte, einschließlich des Bürgerkriegs im Jemen oder der türkischen Angriffe auf die Kurdengebiete wurde in der Weise zum Thema oder löste gar Massendemonstrationen aus, wie der Versuch Israels, die Hamas-Diktatur in Gaza auszuschalten und künftige Massaker zu verhindern.

Auch in der Wahlomat-Version zur vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 2025 konnte man sich der Doppelmoral und moralischen Anmaßung nicht enthalten, indem dort die Frage 15 von 38 lautete, ob Deutschland weiterhin Rüstungsgüter an Israel exportieren dürfe. Nicht wurde jemals nach den Waffenexporten an die Türkei gefragt, die seit Jahrzehnten nicht nur Krieg gegen die Kurden im eigenen Land führt, sondern auch kurdische Siedlungen in Syrien und im Irak bombardiert und mittlerweile weite Teile des syrischen Kurdengebietes besetzt hält, noch wurden im Wahlomat jemals die Waffenexporte an Saudi-Arabien abgefragt, das seit 2015 im Jemen Krieg gegen die schiitischen Milizen führt, laut offiziellen Angaben seither mit 233000 Todesopfern.

 

- Der Grund für dieses, im Vergleich mangelnde Interesse an anderen Konflikten, sei, so sagt man, die Tatsache, dass dort keine Juden beteiligt sind, sondern sich Muslime mit Muslimen bekriegen oder sich Muslime gegen Christen wenden.

 

- Sobald es um Juden und Israel geht, entdeckt die Weltöffentlichkeit stets ein vermehrtes Engagement für Parteien, bei denen die Vernichtung der Juden, so in der Charta der Hamas, zur erklärten Absicht gehört. UN-Gremien agieren dabei als Interessenvertretung der übelsten Menschenrechts-verletzerstaaten. Dort werden Resolutionen verabschiedet, die sich besonders gerne gegen Israel richten. Darunter so brisante Vorwürfe wie die Benachteiligung der Frauen - unterzeichnet vom Iran oder von Saudi Arabien. Tatsächlich wird der jüdische Staat vom UN-Menschenrechtsrat öfter verurteilt als alle anderen Länder der Welt zusammen. Israel und seine vermeintlichen oder konstruierten Verstöße sind permanenter Tagesordnungspunkt.

Zugleich haben diese Gremien noch nie eine Resolution verabschiedet, in der etwa die Grenzverschiebungen der Türkei in Syrien und das militärische Vorgehen gegen die Kurden verurteilt werden oder die Menschenrechtsverletzungen in Algerien, Saudi-Arabien, China, oder Pakistan auch nur zur Sprache gebracht. Der UN-Menschenrechtsrat stellt gleichsam das Organ eines global institutionalisierten Antisemitismus dar. 

 

 

- In der westlichen Hemisphäre kommt zum instinktiven kollektivistischen Judenhass noch ein anderes Motiv hinzu: Einmal nimmt man den Juden besonders übel, indem sie unterschwellig für den Impuls der Emanzipation des Einzelnen stehen,  wenn sie selber kollektivistische Gesellschaften bilden.

Der Wahn einer mächtigen internationalen jüdischen Vernetzung und Verschwörung, jenseits der judenfeindlichen  Realität in den internationalen Gremien, scheint hier symptomatisch. 

 

- Hinzu kommt die Unterstellung einer moralischen Anmaßung der Juden als "auserwähltes Volk", an der sich die Bereitschaft, gerade ihnen eine moralische Verfehlung nachzuweisen,  gerne entzündet. 

Ein ähnliches Motiv wie etwa die Thematisierung des Missbrauchs in der Kirche, über den besonders eifrig berichtet wird, obwohl die Fallzahlen sich statistisch unterhalb derer, anderer Institute, etwa Sportvereine oder Schulen bewegt,

 

- Aber Israel-Kritik kann man doch nicht mit Antisemitismus gleichsetzen.

 

- Bereits der konstituierte Begriff bezeugt nichts anderes. Das Wort "Israelkritik" verzeichnet bei der Google-Suche binnen Sekunden eine unvergleichliche hohe Ergebniszahl, die jegliche andere Wortverbindung einer Nation mit dem Begriff der Kritik um das mehr als hundertfache übertrifft.

Auch findet sich das Adjektiv "israelkritisch"in der Online-Ausgabe des Dudens. Dort definiert als: "Dem Staat Israel kritisch gegenüberstehend." Hingegen erscheinen Begriffe wie "türkei-", USA-",russland-", "china-", oder "irankritisch", im Online-Duden gar nicht, noch sonst irgendwo in nennenswerter Häufigkeit. Wie gesagt: Wäre Israel kein jüdischer Staat, würde sich kein Mensch für das Schicksal der Palästinenser interessieren.

 

- Warum ist das so?

 

 

 

Das Schuldgefühl der Industriegesellschaft

 

 

 

- In jeder technischen Methodik liegt eine Verdrängung des Gewachsenen der Gestalt. Aus diesem Grunde entstanden die Museen zur gleichen Zeit wie die Fabriken - man wollte die verdrängte Gestalt bürgerlich konservieren oder im Ziergarten des Kunstbetriebs züchten. Deshalb hat die Industriegesellschaft ein grundlegendes Schuldgefühl. Eine Beunruhigung die aus dem Kurzschluss des Weges und der Benutzung der Maschine kommt. Friedrich Georg Jünger formulierte dazu die Bemerkung:

"Auch der kleinste technische Arbeitsvorgang verbraucht mehr an Kraft, als er hervorbringt ... Die Technik schafft keinen neuen Reichtum, sie baut den vorhandenen ab ... Jenem Gefühl eines metaphysischen Hungers, das uns beim Anblick der Maschine ergreift, entspricht der physische Hunger: Die Nahrung wird knapper."      (Die Perfektion der Technik /  Friedrich Georg Jünger)

 

- Das Schuldgefühl im Industriestaat verlangt indes nach einem Sündenbock. Und das scheint eine nicht unwesentliche Rolle bei der israelfeindlichen und einseitigen Berichterstattung zum Nahostkonflikt zu spielen. Nämlich die Vorstellung, ein moderner Industriestaat streite gegen eine, in scheinbarer Ursprünglichkeit  verbliebene Clan-Gesellschaft mit Eselskarren. Und deshalb werden die Palästinenser auch seit Jahren von der UNO am Tropf genährt und es gibt, einzigartig in der Welt, eine eigens eingerichtete Hilfsorganisationen nur für die Palästinenser, die UNRWA. In den von dieser Organisation herausgegebenen Schulbüchern  wird palästinensischen Kindern der Hass auf  Juden eingetrichtert und etliche Mitglieder des Instituts hatten sich nachweislich am Massaker vom 7. Oktober beteiligt.

 

- In der Einseitigkeit der Sicht auf den Nahostkonflikt will die globale Industriegesellschaft ihr Schuldgefühl loswerden und projiziert es auf Israel. In dem Israel verurteilt wird und die Hamas romantisch verklärt, hofft man die Schuld der verdrängten Gestalt, die Verdrängung des Gewachsenen in der Industriegesellschaft loszuwerden.

 

- Aber warum sollte sich diese Projektion gerade bei Israel und den Juden bündeln?

 

- Es entspricht nicht der Anlage und Geschichte des Volkes Israel, ein Staatskonstrukt "wie die anderen Völker" zu haben, vielmehr gilt es, ein föderatives Gemeinwesen zu entwickeln. Dies war auch das Anliegen der Vertreter der kulturzionistischen Bewegung, zu denen Martin Buber zählte. Diese strebten im Unterschied zum Volkszionismus des Theodor Herzl, ein nicht-staatliches föderatives Gemeinwesen an, in dem sich einzelne Verbände zu größeren Verbänden organisieren sollten, auch in Föderation oder Konföderation mit den Arabern. 

Dies im Sinne der biblischen Föderation der zwölf Stämme, deren Zusammenhalt nicht auf einer Gemeinschaft um der Gemeinschaft willen basierte, sondern sich aus einer geistigen Orientierung der Hinwendung zum Prinzip der Identität ergab.      martin buber und theodor herzl >>

 

- Dieser gewachsene kulturelle Zusammenhalt wurde aufgegeben, als das Volk, in der Erfahrung der Machtlosigkeit gegenüber den Angriffen der Philister, vom Propheten Samuel verlangte, "auch einen König wie die anderen Völker" zu haben. 

 

- Ähnlich artikulierte Herzl sein Konzept,  den Juden auch einen Nationalstaat zu verschaffen, wie ihn die anderen Völker haben, mit der Begründung, dem Antisemitismus damit die Grundlage zu entziehen, da die Juden nicht länger Fremde in den Nationalstaaten sein müssten, sondern in ihren eigenen Staat auswandern könnten. Auf diese Weise, so argumentierte Herzl, würden die anderen Staaten von einem Judenstaat profitieren, indem sie der ungeliebten Juden ledig würden. 

Es zeigt sich, dass diesem Staat die gleiche Entrechtung widerfährt wie über die Jahrhunderte den  Juden als Einzelne. Daher die Aussage, Israel sei heute der Jude unter den Staaten.

 

- Martin Buber bezeichnete seinerzeit die Gründung eines jüdischen Nationalstaats als "nationale Assimilation". Etliche Jahre vor der Gründung und vor seiner Emigration hatte er eine Auseinander-setzung mit Stephan Zweig, über die Zukunft eines jüdischen Gemeinwesens im Heiligen Land. Zweig war von dem Gedanken einer jüdischen Nation, mit "Paraden und Kanonen" befremdet. Buber antwortete ihm, von Paraden und Kanonen wisse er nichts, aber von neuen alten Formen der gesellschaftlichen Organisation, basierend auf dem freien Gefüge der Verbände. Es kam anders. Buber plädierte später gegen eine israelische Staatsgründung. Und als sie nicht mehr zu verhindern war, trat er für einen bi-nationalen jüdisch-arabischen Staat ein, nach dem Vorbild anderer Staaten mit gemischten Ethnien, etwa Belgien oder der Schweiz. Aber auch darin wurde nicht auf ihn gehört.

 

- Jeder Staat läuft darauf hinaus, den Einzelnen auf eine Funktion der Gemeinschaft zu reduzieren. Daher ist die Forderung eines nichtstaatlichen Gemeinwesens bei den Juden, indem sie die Emanzipation des Einzelnen in die Menschheitsgeschichte eingebracht haben, kompromißloser gegeben, als bei anderen Völkern. Dies gilt auch für die Deutschen.

 

- Warum für die Deutschen?

 

- Wegen der Sprache. Das Verhältnis zum Angesprochenen ist ein Ähnliches. Das Deutsche hat wie das Hebräische eine etymologische Transparenz, in der sich über die Verbindlichkeit und Bedeutung der Worte das Angesprochene erschließt, gleichsam durchscheint. Sie ist ein Fenster. Anders als etwa im eher berichtenden, übereinkunftsvermittelnden Englisch. Auch die deutliche bis harte Absetzung der Konsonanten im Deutschen ähnelt dem Hebräischen. Die Sprache ist hier ein Drittes zwischen zweien.  

Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Juden der deutschen Sprache in besonderer Weise zugeneigt sind.

Und vielleicht hat es mit dem Erzengel Michael zu tun, der sowohl der Schutzpatron der Juden als auch der Deutschen ist.

 

- Der ursprüngliche Reichsgedanke des Heiligen Römischen Reiches war ebenfalls der, eines föderativen Gemeinwesens, in der Hinwendung zu einer gemeinsamen geistigen Orientierung. 

 

- Die Ansicht, nach der die Völker einen Schutzengel haben, geht auf das Buch Daniel, 12, 1 zurück, wo es heißt: Zu jener Zeit wird sich der Engelfürst Michael erheben, der für die Kinder deines Volkes einsteht.

Zuvor wird geschildert, wie Michael als  Engelfürst der Israeliten gegen  den Engelfürsten der Perser streitet. 

 

- Michael entspricht dem Saturn und damit dem vierten, der vier astrologischen Quadranten. Er trennt Subjekt und Objekt und stellt es gegenüber. Beim Kampf im Himmel stieß er den Drachen hinab mit den Worten Mi Cha El?Wer ist wie Gott?

 

- Im fünften Jahrhundert hatte sich der Erzengel Michael in einer Grotte auf dem Gargano an der langobardischen Adriaküste geoffenbart. Seither befindet sich dort eine der ältesten und bedeutsamsten Pilgerorte des Mittelalters, die Michaelsgrotte von Monte Sant'Angelo. Von ihr ging der Michaelskult aus, der für das christliche Europa prägend sein sollte. Im Jahre 1022 hatte Kaiser Heinrich II den Ort aufgesucht, und den Erzengel gefragt, ob er der Schutzpatron der Deutschen werden wolle. Wenn sie sich würdig erweisen sollten, war die Antwort. Seitdem gilt Michael als Engel der Deutschen.  

 

- Michael steht für die Bestimmung der Grenze von Ich und Du, innen und außen, früher und später, für die Bestimmung des Einzelnen in seiner Eigenbewegung und seiner Trennung vom Vorgegebenen. Und damit steht er für die Sprache, die zwischen Subjekt und Objekt trennt und vermittelt, sie ist der Bund zwischen Sprechendem und Angesprochenem.

 

- Die Liebe der Juden zur deutschen Sprache ist bekannt.  Etwa 70 Prozent der Juden in der Welt gehören heute den Aschkenasim an. Das sind die Nachkommen der jiddischsprachigen deutschen Juden, die vom Rheinland aus nach Osteuropa, bis nach Russland und Sibirien wanderten. Und später nach Amerika emigrierten.

Das Jiddische stellt das Deutsch des 16. Jahrhunderts dar, mit hebräischen, polnischen oder russischen Einsprengseln. Das in der Bibel stets positiv erwähnte Volk Aschkenas wurde im Judentum des Mittelalters mit den Deutschen identifiziert. 

In einem Schriftstück Kaiser Konstantins aus dem frühern vierten Jahrhundert wird die Stellung der Juden in der Kölner Bürgerschaft definiert. Die jüdische Gemeinde von Köln stellt damit die älteste urkundlich erwähnte jüdische Gemeinde nördlich der Alpen dar. Da die Stadt zeitweilig Hauptstadt des Frankenreichs war und sich von Köln und dem Rheinland, später von Aachen aus, die fränkische Herrschaft ausdehnte, dürften die rheinischen Juden an der Sprachentwicklung des Deutschen einen Anteil haben. Eine frühe Verschriftlichungen der deutschen Sprache in hebräischer Schrift entstand  bereits in einem Wormser Gebetbuch von 1270, der Wormser Machsor enthält ein mit hebräischen Buchstaben niedergeschriebenes Gebet auf deutsch. Ebenso der um das Jahr 1300 entstandene Duktus Horant, der eine Version das Gudrun-Lieds. Er wurde um 1890 im Lagerraum der Kairoer Synagoge wiederentdeckt.                         Der SCH-Laut >>

 

 

- Einer der Wegbereiter der zionistischen Bewegung war jüdische Arzt Leon Pinsker. Angesichts der antisemitischen Pogrome in Russland verfasste er 1882 die Schrift "Autoemanzipation". 

Auf der Eingangsseite findet sich ein Satz des Rabbi Hillel: „Wenn ich selbst mir nicht helfe, wer dann? Und wenn nicht heute, wann dann?“

Im Antisemitismus sah Pinsker eine Folgeerscheinung des jüdischen Status:

„Diese geisterhafte Erscheinung eines wandelnden Toten, eines Volkes ohne Einheit und Gliederung, ohne Land und Band, das nicht mehr lebt und dennoch unter den Lebenden umhergeht; diese sonderbare Gestalt, welche in der Geschichte ihresgleichen kaum wiederfindet, die ohne Vorbild und ohne Abbild ist, konnte nicht verfehlen, in der Einbildung der Völker auch einen eigentümlichen, fremdartigen Eindruck hervorzubringen.“ 

 

- Die Sichtweise findet sich später bei den Volks-Zionisten um Herzl wieder. Sie setzt eine Gleichung von Volk, Kultur und Staat voraus und stellt eine Reaktion auf den beginnenden Nationalismus des 19. Jahrhunderts dar. Die kulturelle Eigenart des Judentums und seine Bedeutung für die Individuation, wie Martin Buber sie hervorhebt, spielt darin kaum eine Rolle.  Die Juden werden vielmehr als ein Volk unter anderen gesehen, das angefeindet wird, weil es keinen Ort hat und somit in seiner Eigenart fremd bleibt. Würde es an dieser Eigenart nicht weiter festhalten - oder hätte es einen Ort - würde es auch keine Judenfeindschaft geben - so die Ansicht.

 

- Eine verwandte Vorstellung ist die vom verweigerten Untergang. Mit dem Festhalten am Gesetzeskodex der Juden hätten sie quasi ihre Kultur konserviert und deren natürlichen Untergang verdrängt, während andere Kulturen ihn angeblich akzeptiert hätten. Der damit verbundene Regelungszwang besetze das Bewusstsein und verhindere den Fluss des Lebens und daraus erwachse die Feindschaft gegenüber den Juden.

 

- Demnach hätte der Antisemitismus mit der Ausrufung eines jüdischen Nationalstaats versiegen müssen. Es trat freilich das Gegenteil ein, der heutige Antisemitismus erscheint im Gewand der Israelkritik.

 

- Eine naive Sicht, die einem Geschichtsbild entspricht, in dem die Kulturen mit ihrem Aufstieg und Untergang wie Mannschaften der Fußball-Bundesliga erscheinen. Kulturen und Eigenarten unterscheiden sich demnach halt wie Vereinsfarben, haben aber darüberhinaus weder Aussage noch Bedeutung. Eine Entwicklung des Menschen im Sinne der Individuation, wie sie sich in der Entwicklung und im Dialog der Kulturen zeigt, wird hier nicht gesehen und ist außer Acht gelassen. 

Und so auch die Bedeutung, die dem Judentum wie dem Christentum für die Emanzipation des Einzelnen und für die Entwicklung des Ich-Bewusstseins zukommt. 

Wenn die Ägyptische Gefangenschaft, entsprechend der Saturn-Pluto-Verbindung, als Bild der Unterwerfung des Lebens des Einzelnen unter das Diktat des Kollektivs dient, so erscheint es widersprüchlich, diese isoliert zu betrachten und die Bedeutung des Judentums für die Herauslösung des Einzelnen aus der Fremdbestimmtheit, wie sie sich in der biblischen Erzählung und der Geschichte der Juden bis zu Christus, als eine kulturelle Eigenart unter vielen, zu werten.

 

- Insofern erscheint es nur als Widerspruch, wenn das Judentum die Achtung vor dem Leben des Einzelnen hervorgebracht haben soll und es sich zugleich durch einen Kodex detaillierter Regelungen auszeichnet:  Es ist der Widerspruch einer Entwicklung und der mit ihr verbundenen Krise. 

 

- Der Gegensatz ergibt sich gerade aus dem Konflikt des Einzelnen mit der Prägung der Gemeinschaft.

Deswegen hat das Zeichen Löwe am Aszendenten, bei dem die Freiheit des unmittelbaren Lebens angelegt ist, den Steinbock im fünften Haus - weil es hier um die Bestimmung der freien Bewegung des Einzelnen geht.

 

- Wenn die Bestimmung des Einzelnen im Sinne einer aus sich hervorgebrachten Bewegung nicht zugelassen wird, muss sie zum äußeren Bestimmenden der Gemeinschaftsregelung werden - der Saturn, als Bestimmung des Einzelnen, wird zum äußeren Regelungszwang. Das innere Knochengerüst, das dem Menschen den aufrechten Gang ermöglicht, wird zum gesellschaftlichen Exoskelett, zum Korsett des Regelungszwangs. Gleich einem Insektenstaat

Zu diesem Konflikt kann es indes nur dort kommen, wo der Impuls der eigenen Bewegung des Individuums und die Achtung vor dem Leben des Einzelnen überhaupt erst aufkommt und ins Bewusstsein tritt. Daher musste die Ägyptische Gefangenschaft die Voraussetzung bilden, damit der Impuls zur Ich-Aufnahme, der Impuls zur Identität des Menschen an ihn herantreten konnte.

Mit dem Erhalt der Gesetzestafeln auf dem Berge Sinai war der Mensch erstmals als Einzelner gegenüber dem Himmel angesprochen. Wobei die Gesetze nicht wesentlich waren, vielmehr ging es um das dialogische Verhältnis, das zunächst in diesen zum Ausdruck kommt. Ähnlich einem Kind, dessen Entwicklung zur Eigenständigkeit zunächst von den elterlichen Weisungen begleitet sein mag. Und das ihnen später als Person gegenübersteht.

 

- So war bei der Verkündung der Thora am Sinai der Mensch, zwar noch im Volk, aber dennoch erstmals als ein Einzelner angesprochen, der in einer persönlichen Beziehung zu Gott steht.  Nicht mehr war ein Pharao der Vermittler und Repräsentant der Gottheit, sondern ein jeder im Volk vernahm die Ansprache. Aus diesem Grunde sollte Moses, als es zum zweiten Mal während der Wüstenwanderung zu Wassermangel gekommen war, auch nicht mehr, wie zu Beginn der Wüstenwanderung und Jahrzehnte vor dem Sinai-Ereignis, mit seinem Stab auf den Felsen schlagen, damit Wasser hervorquillt, sondern er sollte sprechen zum Felsen. Der Stab war zuvor Signum der Kraft die dem Führer des Volkes zukam. Nun sollte Moses ihn beiseite lassen und sprechen. Den Stab hatten nur er und Aaron, die Sprache aber war jedem gegeben.

 

- Die Expertokratie sollte enden. Moses befolgte die Weisung nicht und beharrte auf der noch pharaonischen Rolle des Volksführers. Er schlug abermals mit dem Stab auf den Felsen, so dass Wasser hervorkam. Wegen dieser Verfehlung durfte er das versprochene Land nicht betreten. (siehe: Warum Moses das versprochene Land nicht betreten durfte >>)

 

- Die spätere Emanzipation wurde durch den Propheten Jeremia artikuliert:

Ich werde meine Lehre in ihr Inneres legen und auf ihr Herz werde ich sie schreiben. .. Dann wird nicht mehr einer seinen Nächsten oder einer seinen Bruder lehren und sagen: Erkenne den Ewigen! Denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten. (Jer. 31,34)

Auch in der frühen Kirche war man sich dieses essentiellen Anarchismus bewusst. So formulierte der, besonders in der Orthodoxen Kirche geschätzte Gregor von Nyssa kategorisch eine autoritätsunabhängige Erkenntnis und Gottesbegegnung: 

Mehr als alles andere wichtig ist, dass wir keinerlei Notwendigkeit unterworfen und keiner Macht in Hörigkeit untergeben sind; sondern es steht bei uns, zu tun nach eigenem Ratschluss und Belieben. Denn die Tugend ist eine Sache der Freiwilligkeit und keiner Herrschaft untertan. Was aus Zwang und Gewalt erwächst, ist ebendeshalb keine Tugend. (Gregor von Nyssa, de hominis opificio)

 

 

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- Das Judentum hat die Bestimmung des Einzelnen in die Menschheit gebracht. Darum die biblische Rede vom Volk das auserwählt wurde. Und deswegen wurden die Juden verfolgt.

 

- Der Gesetzeskodex ist nur die andere Seite ist die Kompensation der Verweigerung der Bestimmung des Einzelnen in dem die Bestimmung durch das bestimmende der Regeln ersetzt wird.

 

- Zugleich kann dies nur stattfinden wo überhaupt die Bestimmung des Einzelnen entstanden ist und wo sie gefragt ist. Das war der Auszug aus Ägypten und die Verkündung der Gebote am Sinai. Im Judentum wird das auch genauso gefeiert nämlich als die Ansprache Gottes an den einzelnen Menschen, der seitdem ein Individuum ist. Das ist die Befreiung aus der ägyptischen Gefangenschaft, die hier für das Kollektiv steht.

 

 

 

- Freilich war die Konservierung des Gesetzeskodex eine Kompensation der Bestimmung des Einzelnen in dem dieses durch die Regelung ersetzt wurde. aber es war eine Kompensation in der Krise einer Entwicklung, in die die anderen Völker noch nicht eingetreten waren. 

 

- Die Juden haben den Impuls der Befreiung aus der ägyptischen Gefangenschaft, aus der Befreiung der Bestimmung durch das Kollektiv, in die Welt gebracht, jedoch als Gemeinschaft. Dies war nötig, damit aus den Juden der Christus hervorgehen und mit Christus der Induviduationsimpuls des einzelnen Menschen Wirklichkeit werden konnte. Der Hass auf die Juden ist der Hass auf den Menschen, auf das menschliche, auf das nicht regelbare. Es ist der Hass auf Christus. (Leon Bloy)

 

- Indem die Juden als Volk den Impuls der Vereinzelung  in die Welt brachten, befinden sie sich in der Zone der Gefahr. Sie haben sich jeglicher Gemeinschaftsbestimmtheit zu enthalten, alleine aus der Beziehung des Einzelnen zu seinen Mitmenschen heraus ein Gemeinwesen zu bilden. Nur ein gewachsenes, föderatives Gemeinwesen kann dem entsprechen.

 

- Damit dürfen Juden keinen Staat bilden. Denn im Staat ist der Einzelne nur Funktion der Gemeinschaft. 

Zwar entkommen der ägyptischen Gefangenschaft, aber noch nicht angekommen in der Bestimmung des Einzelnen, wo ihm nichts geschehen kann, da er nirgends zugehörig ist. Das Schicksal der Juden steht hierbei für das Schicksal des Menschen in der technokratischen Fremdbesetzung.

 

 

 

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