Textauszug

Der Essay ist enthalten in dem Buch 

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Der Elfte im Elften

 

 

Der 11. Tag des 11. Monats wird im Rheinland als Auftakt der Karnevalssession gefeiert.

 War noch bis vor wenigen Jahrzehnten auf den Straßen Kölns kaum etwas von dieser Festivität zu bemerken, außer hier und da ein paar bedröppelten Lappenclowns oder ein paar Angehörigen der Karnevalsgilden, die mit Reiteruniformen und schenkelhohen Stiefeln in der U-Bahn warteten, so müssen heute ganze Straßenzüge polizeilich abgesperrt werden, um, hauptsächlich wegen der Zugereisten, die Menschenmassen daran zu hindern, etwa auf den Schienen der Stadtbahn herum zu tollen und sich dabei Verletzung oder den Tod zu holen.

 

Das karnevalistische Rheinland ist den astrologisch-geografischen Karten von Wolfgang Döbereiner zufolge vom Zeichen Wassermann geprägt. Und die Elf, die als Zahl dem Wassermann zuzuordnen ist, gilt im Rheinland als Symbolzahl für den Karneval schlechthin. Als Elferrat wird der Vorstand der Karnevalssitzungen bezeichnet und der doppelten Elf des elften Tages im elften Monats, dem November, wird eine besondere karnevalistische Bedeutung beigemessen.

 

Wie kommt es zu dem Zusammenhang der Zahl Elf und dem Zeichen Wassermann?

Die Eins, die astrologisch der Sonne als dem Zentrum entspricht, erhält in der Verdoppelung der 11 eine andere Bedeutung, In der 11 steht die zweimalige Eins für die Polarität, das Gegenüber zweier Zentren, indem sich zwei Einsen gleichsam gegenüberstehen, als die zwei Pole, die im Wassermann in der Scheidung von Peripherie und Mitte, von Innen und Außen, Früher und Später - Ich und Du entstehen. 

 

Auch die Scheidung der Parallelzeichen, die von dem Übergang der Zeichen Wassermann und Steinbock ausgeht, findet sich in der Zahl 11 wieder.

Vor der Entdeckung des Uranus galt der Saturn als beiden Zeichen zugehörig, dem Wassermann der Saturn des Morgens, dem Steinbock der Saturn des Abends. 

Der doppelte Saturn der beiden Zeichen erscheint im Bild des Janus, des doppelköpfigen römischen Gottes des Anfangs und des Endes. 

Die 11 gleicht dem doppelgesichtigen Januskopf, der in zwei entgegengesetzte Richtungen blickt.

Janus war einer der ältesten Götter der Römer. Der Januar, der 11. Monat nach Frühlingsanfang, als Jahresbeginn des julianischen Kalenders, war ihm geweiht. Im 11. Monat beginnt das Zeichen Wassermann und endet das Zeichen Steinbock.

In der Doppelzuständigkeit des Saturn für Steinbock und Wassermann entfaltet sich der Reigen der parallelen Zeichen, die sich jeweils einen Herrscher teilen

 

Nicht nur ließen die Römer ihren Kalender im Monat des Janus beginnen, auch andere Kulturen verbinden mit dieser Zeit des Übergangs vom Zeichen Steinbock zum Wassermann einen Anfang, so der chinesische Mond-Kalender, der im Januar oder Februar beginnt. Auch der US-amerikanische Präsident wird am 20. Januar, im Orbis des Datums von null Grad Wassermann in sein Amt eingeführt.

 

 

 

Es entspricht der dezentralisierenden Bedeutung der Zahl 11, wenn die Aktivität der Sonnenflecken in einem Rhythmus von elf Jahren auftritt. Die periodische Sonnen-fleckenaktivität bedeutet eine partielle Verdunkelung der Sonnenoberfläche, eine Schwächung des Zentralgestirns. So auch die gewaltigen, ebenfalls in einem elfjährigen Rhythmus auftretenden Sonnenprotuberanzen. Fontänen aus Sonnenmasse, die in den Weltraum geschleudert werden. Sie stellen gewissermaßen die Sonne als Strahlungszentrum infrage. Der Uranus, Planet des Zeichens Wassermann, wird als Kreis mit einem Zentrum, den ein nach oben gerichteter Pfeil verlässt, dargestellt.  Das Symbol kann, wie die Protuberanzen, als Bild für die Bewegung, die aus der Zentralstellung heraus zur Peripherie drängt, verstanden werden. 

      

 

 


 

 

 

Sankt Martin

 

 

 

Allein beruht die Feier des Karnevalsauftakts am Elften im Elften auf einem Irrtum. Dieser hängt mit der Einführung der Kalenderreform des Julius Cäsar zusammen, die unter anderem dazu führte, dass die Senatsversammlung an den Iden des März, während der Cäsar ermordet wurde, nicht an den tatsächlichen Iden stattfand, nämlich an den Vollmondtagen in der Mitte der Mondrunde, sondern drei Wochen vorher. An den tatsächlichen Iden hätte der Mord wegen unpassender Konstellation vermutlich nicht verübt werden können. 

 

Auf diese Weise war es gewissermaßen die Kalenderreformation des Julius Cäsar, mit der die Senatsversammlung auf einen Zeitpunkt rückte, an dem die astrologische Voraussetzung zu seiner Ermordung gegeben war.

 

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(C) Herbert Antonius Weiler, 2020