„Der
eigentlich moralische Antrieb für die Menschheit wurde erst durch das Judentum vorbereitet, dann durch das Christentum weiter ausgebildet.
Rudolf
Steiner, GA 193, s. 187
Der UNO Generalsekretär Antonio Guterres hat sich am 6.12. 24 auf Artikel 99 der UN-Charta berufen um Israel zu stoppen im Gaza-Streifen. Das hat er nicht getan, als Syrien Bürgerkrieg gegen die eigene Bevölkerung führte, nicht als Russland die Ukraine überfiel. Aber wenn Israel sich verteidigt, gegen einen massiven Terroranschlag, da macht er es. Wenn Sie wissen wollen, was genau Antisemitismus ist: Das ist Antisemitismus. Wenn für Juden anderes Recht gilt als für den Rest der Welt.
Dieter Nuhr, Jahresrückblick 2023
Woher kommt der Antisemitismus in der Astrologie
Die Frage, warum es Antisemitismus gibt, wurde von dem Völkermordforscher Gunnar Heinsohn in seiner Schrift "Warum Auschwitz?" dahingehend beantwortet, dass er in der kulturellen Wirkung des Judentums die Achtung vor dem Leben des Einzelnen erblickte. Erstmals im Judentum wurde, so Heinsohn, die Achtung vor dem Leben des einzelnen Menschen und die Weisung der Nächstenliebe artikuliert, die dann vom Christentum weitergetragen wurde.
In kollektivistischen Ideologien, wie Stalinismus, Islamismus oder im Falle von Auschwitz der Nationalsozialismus, in denen der Einzelne nur als Funktion des Kollektivs aufgefasst wird, muss sich zwangsläufig ein Hass auf die Ethik der Achtung des Lebens manifestieren. Mit der Vernichtung der Juden, so Heinsohn, wollte man im Nationalsozialismus gleichsam die Urheber der Ethik der Lebensheiligikeit auslöschen. Mit der Vernichtung der "Hardware", so Heinsohn, sollte auch die Idee vernichtet werden.
Es ist das, was Rudolf Steiner mit dem "moralischen Antrieb" meint: Das Erkennen des anderen Menschen als Gegenüber, zu dem man in Beziehung steht - so wie Gott im Brennenden Dornbusch zum Gegenüber wurde. Das ist die Ich-Du-Beziehung, in der Martin Buber die eigentliche Essenz des Judentums sieht.
Das Kollektiv will den Menschen aus dieser Beziehung verdrängen, will ihn beziehungslos dem Block der Masse einfügen und verbrauchen. Das ist die Ägyptische Gefangenschaft aus der er sich einst gelöst hat. Der Auszug aus der Ägyptischen Gefangenschaft ist menschheitsgeschichtlich der Auszug aus dem Kollektiv.
Daher entwickelt jede kollektivistische Ideologie der Moderne zwangsläufig antisemitische Neigungen. Wobei sich der Antisemitismus der Moderne auf die Juden als biologische Existenz bezieht, während der Antijudaismus vorheriger Jahrhunderte sich eher auf das Judentum als Religion bezog,
Am Judenhass erkennt man das Kollektiv - auch wenn oder gerade wenn es sich um ein Gegenkollektiv handelt, das sich gegen das Etablierte gebildet hat und in dem sich die Herdenfremden ihre eigene Herde zu schaffen suchen. So in den Zirkeln der Gegenkollektive die sich im Zuge des offiziellen Corona-Wahns gebildet hatten wie auch in den astrologischen Gemeinden und Foren.
Zur klassischen Phraseologie des modernen Judenhasses im Gewand der Israelkritik gehört das Zitieren des angeblich alttestamentarischen Satzes vom "Auge um Auge".
Das Zitat gehörte schon lange bevor der SPIEGEL zur Hauspostille von Bill Gates wurde, zur Standard-Rhetorik der einschlägigen Berichterstattung. wenn es um Israel und den sogenannten Nahostkonflikt ging.
Wenn etwa deutsches Militär in Afghanistan beim Kundus-Bombardement über 90 getötete Zivilisten hinterließ, wenn die USA nach dem 11.9. nach vorheriger strategischer Shock-and-Awe-Flächenbombardierung in den Irak einmarschierten oder wenn es im Ukraine-Krieg zu gegenseitigen Vergeltungsschlägen kommt, ist die alttestamentarische Losung nicht zu vernehmen - allein im Falle israelischer Militäraktionen ist der Satz "Auge um Auge" stets bei der Hand und wird als Leitmotiv alttestamentarischer Rache und Gnadenlosigkeit, unterstellt, von dem israelisches Handeln bestimmt sein soll.
So auch im April 2024 in einer TV-Talkshow, wo ein Gast den israelischen Militareinsatz im Gasastreifen der nach dem Massaker der Hamas im Oktober des vorausgegangen Jahres
Eine in jeder Hinsicht verquaste Rhetorik, die davon ausgeht, ein demokratischer Staat mit freier Presse und unabhängiger Justiz sei von theokratischen Vorschriften bestimmt und agiere damit nach einem, bei den Juden quasi in den Genen verankerten religiösen Programm.
Dabei ist die Formel "Auge um Auge" ohnehin falsch verstanden und wiedergegeben, da es im Text des Levitikus tatsächlich heißt: "Gib Auge um Auge, Zahn um Zahn".
Die Weisung richtet sich also nicht an den Geschädigten noch an eine Gerichtsbarkeit, sondern sie richtet sich an den Verursacher. Es hat mit Rache nichts zu tun, sondern weist den Verursacher oder Täter an, für den Schaden den er angerichtet hat, einen entsprechenden Ersatz zu leist. Eine Aufforderung sich dazu sein eigenes Auge herauszureißen wäre widersinnig.
Die moralischen Doppelstandards, mit der israelische Politik gemessen wird, erstaunen immer wieder, etwa wenn in einem Astrologieforum der Kurdenschlächter Erdogan als Gewährsmann zitiert wir, um israelischem Vorgehen im Anschluss an das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 Völkermord zu attestieren.
Wie kommt es zu dieser Anfeindung?
Wolfgang Döbereiner meinte einmal, es gäbe auch einen Hass auf die Deutschen, der dem auf diee Juden nicht nachstünde. Tatsächlich haben beide Völker etwas gemeinsam - nämlich beide haben den Erzengel Michael als Schutzpatron. ..... Michael steht für den Saturn, der das Urteil durchführt, der im Kampf im Himmel gegen die abtrünnigen Engel streitet und sie hinabstösst. Er trennt zwischen Wirklichkeit und Subjektivismus.
Der Völkermordforscher Gunnar Heimnsohn
Der Satz Rudolf Steiners, nach dem „Der eigentlich moralische Antrieb für die Menschheit (...) erst durch das Judentum vorbereitet, dann durch das Christentum weiter ausgebildet." wurde GA 193, s. 187
bezieht sich auf die Bestimmung des Einzelnen, zwar benutzt er den Begriff des "Moralischen" unpräzise, anders als in der Münchner Rhythmenenlehre, wo er im Sinne der Mores, der Sitten für die Regeln des Gemeinschaftlichen und das Verhältnis des Einzelnen zur Gemeinschaft steht, nicht aber für die Beziehung des Einzelnen zum Himmel, jedoch meint Steiner tatsächlich letzteres.
Der Satz bezieht sich auf das Verhältnis zum Himmel, zu dem sich der Mensch seit dem Sinai-Ereignis in einer selbstverantwortlichen Beziehung, in einer eigenen Entscheidung und Bewegung befindet, indem er hausgetreten ist, aus der Ägyptischen Gefangenschaft, wo er von der Zugehörigkeit zum Kollektiv bestimmt und diesem unterworfen war. Der Himmel wurde ihm zum Gegenüber.
Mit dem Judentum wurde der Mensch zum Gegenüber Gottes und zum gegenüber der Natur und zum Gegenüber des anderen Menschen daraus erwächst das was Rudolf Steiner nicht ganz präzise den moralischen Antrieb nennt.
© H e r b e r t A n t o n i u s W e i l e r