Der Tierkreis von Dendera

 

Der Tierkreis von Dendera befindet sich in einer altägyptischen Tempelanlage in Dendera, einem Ort nördlich von Luxor. Die Überreste des Tempels sind heute gut erhalten.

Der Tierkreis stammt aus ptolomäischer Zeit und wurde im Jahre 48 vor Chr. vollendet. Heute beherbergt der Tempel nur noch eine Kopie, das Original wurde im Zuge der napoleonischen Eroberung entwendet und ist heute im Louvre ausgestellt. 

 

Der Tierkreis befindet sich inmitten einer quadratischen Darstellung, deren Ecken jeweils in die  vier Himmelrichtungen weisen.

Die Achse zwischen Norden und Süden geht zwischen Löwe/Krebs und Wassermann/Steinbock hindurch und teilt den Tierkreis in eine Ost- und Westhälfte, mit den Tierkreisbildern Krebs, Zwillinge, Stier, Widder, Fische und Wassermann auf der östlichen Seite und den Zeichen Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze und Steinbock auf der westlichen Seite.

 

 

 

 


 

I= Krebs, II= Zwillinge, III= Stier, IV= Widder, V= Fische, VI= Wassermann.

1= Löwe, 2= Jungfrau, 3= Waage, 4= Skorpion, 5= Schütze, 6= Steinbock/Ziegenfisch

 

 

 

  

Bei dieser ägyptischen Darstellung sind die Zeichen der Parallelachse, Löwe und Krebs, unten sowie Steinbock und Wassermann oben, in  jeweils einem Feld zusammengefasst.

Links die Parallelzeichen der Nachthälfte, rechts die der Taghälfte.

Links oben beginnend mit Wassermann, Fische, Widder, Stier, Zwillinge und Krebs. Rechts oben Steinbock, Schütze, Skorpion, Waage, Jungfrau und Löwe.

In der Mitte die Gesichter von Sonne und Mond.

 

 

 

Die Abildung des Tierkreises von Dendera stammt aus

Sphaera / Zur Geschichte der Sternbilder,

Franz Boll,  Leipzig 1903, Tafel II  >>

Die Darstellung ist seitenverkehrt, wie der Autor in der Inhaltsangabe kommentiert >>

 

 

Auch bei dieser Zodiak-Darstellung aus dem Tertrabiblos des Ptolemäus  geht die Symmetrieachse durch 0° Löwe/30° Krebs und 0° Wassermann/30° Steinbock, hier allerdings indem der Osten oben ist und die Nord-Süd-Achse horizontal, von 0° Löwe links zu 0° Wassermann rechts verläuft.

Die Vertikale ist definiert durch die Gestalt des Apollon im Sonnenwagen mit den vier Rossen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Verbindung zwischen Zeichen in der Ekliptik gilt für jede zwei Zeichen, die die Domizile eines Planeten sind, wie Widder und Skorpion zu Mars, Stier und der Waage zu Venus, Zwillinge und Jungfrau zu Merkur, Schütze und Fische zu Jupiter, Steinbock und Wassermann zu Saturn. 

Gerade weil der Mond nur ein Domizil hat und die Sonne nur ein Domizil hat, in dem sie beide Herrscher sind, werden die Domizile (der Planeten) als zu einem Herrscher gehörig angesehen.

Abraham ben Esra 1092 - 1167

Paralellzeichen   >>

Kennzeichnend für die ägyptische Systematik ist die Hervorhebung der  Janus-Achse >>, eine Symmetrie-Achse, die den Tierkreis in die beiden Segmente der Reihe der Parallelzeichen und damit in eine Ost- und West-Hälfte teilt.

Im Unterschied zu den griechischen Symmetrieachsen des Jahreskreislaufs, Frühlings-Äquinoktium und Herbst-Äquinoktium gleich  0° Widder und 0° Waage, sowie der Sommersonnenwende und der Wintersonnenwende gleich 0° Krebs und 0° Steinbock, fällt die Janus-Achse auf 0° Wassermann und in den nach Janus benannten Monat Januar.

 

Der römische Gott Janus hat, anders als die anderen Götter des römischen Pantheons, keinerlei griechische Vorbilder, so wie etwa Jupiter dem griechischen Zeus entspricht, Merkur dem griechischen Hermes oder Mars dem Ares. 

 

Es darf daher ein ägyptischer Einfluss, entsprechend der Betonung jener Achse, vermutet werden, wenn die Römer im Jahre 153 vor Chr. ihren Jahresanfang nicht mehr mit dem Frühlinganfang gleichsetzten, sondern auf den ersten Januar legten.  So war es denn auch der ägyptisch-alexandrinische Astrologe Sosigenes, der dem Cäsar die Kalender-Reform vorschlug, die zum julianischen und später gregorianischen Kalender führte, nach dem heute gerechnet wird.

 

Wer ist Janus und was hat seine Hervorhebung in der Kalenderrechnung zu bedeuten?

 

Der zweigesichtige Gott Janus, der zugleich nach vorne und nach hinten schaut, wurde als  Quell der Zeit (Ovid) bezeichnet. Daher identifizierte man ihn mit dem Jahreswechsel. Das nach hinten schauende Gesicht blickt auf das alte Jahr, das nach vorne schauende auf das neue Jahr. Auf diese Weise steht Janus für die Erfahrung der Gegenwart, die Mitte von Vergangenheit und Zukunft. Im Sinne der Vereinzelung repräsentiert Janus das Individuum in der Zeit. Es hat die Fähigkeit entwickelt, ein Früher und ein Später und ein Innen und ein Außen zu unterscheiden. Es ist begegnungsfähig geworden. In der Mitte, in der Scheidung von Vergangenheit und Zukunft wird Gegenwart, in der das Ich - und das Du -  des Menschen anwesend werden kann.  Janus stellt, gleichsam wie noch von außen begriffen. das Ich, die Gegenwart des Menschen dar. 

Mit Janus ist im Hinblick auf die Vereinzelung und die Ich-Entwicklung des Menschen etwas verbunden, das erst mit der römischen Kultur aufkommt. Und das sich in der Entwicklung des römischen Rechts spiegelt, mit dem der Einzelne erstmals eine rechtliche Abgrenzung  und Souveränität erfährt.

 

Daher wurde mitunter auch Merkur, der für die Regelung steht, oder sein griechisches Vorbild Hermes, als doppelköpfig dargestellt.

Während der Saturn für die Bestimmung des Einzelnen steht, repräsentiert Merkur die Regelung der Bestimmung in der Gesellschaft - solange die Regelung nicht die Bestimmung ersetzt und zum Selbstzweck wird.

Denn Janus, dessen Fest laut Ovid am Tage des Übergangs der Sonne vom Zeichen Steinbock in den Wassermann gefeiert wurde, steht für den doppelten Saturn, der nach der ursprünglichen Ordnung der sieben Planeten zugleich Herrscher der beiden Zeichen Wassermann und Steinbock ist. Mit seinem Doppelgesicht der Ost- und der Westhälfte des Tierkreises zugewandt.

Im System der sieben Planeten ist er der langsamste Planet. Bei ihm, an der Scheidung von Wassermann und Steinbock, teilen sich die Hälften der Parallelzeichen bis hin zur Scheidung von Krebs und Löwe mit den Planeten Sonne und Mond, die die täglichen und jahreszeitlichen Rhythmen bestimmen.

 

Nicht nur die USA betrachten sich selber als Wiederauflage des Römischen Reiches, auch von internationalen Historikern wird den Amerikanern gerne diese Rolle zugestanden. Möglich ist es jedoch auch, die US-amerikanische Globalisierung mit der Mongolenherrschaft zu vergleichen, die, ausgehend von Karakorum, für etwa hundert Jahre den größten Machtkomplex der damaligen Welt bildete.

 

Es fällt auf, dass die traditionelle Zeremonie der Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten auf das Datum der  Janus-Achse fällt, das die Römer mit dem Jahresanfang verbanden: Der zeremonielle  Amtsantritt des US-Präsidenten wird seit 1933 stets am 20. Januar abgehalten. (...)

(Auszug)

 

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(C) Herbert Antonius Weiler, 2025