Es wird die katholische Haltung, die nicht sozial, sondern durch Nächstenliebe geprägt ist, zugunsten einer Kollektivhaltung aufgehoben.

 

 

Wolfgang Döbereiner, Ist die Haltung des Papstes Franciscus katholisch?, 2013, Webseite der Münchner Rhythmenlehre


 

 

 

 

 

 

- Im Zuge des Corona-Wahns kam es zu einer ebenso auffälligen wie beharrlichen Renaissance des Begriffs der Solidarität. Masken sollten aus Solidarität getragen werden, ebenso wurde geworben, sich aus Solidarität der sog. Impfung zu unterziehen. Weigerung wurden öffentlich als unsolidarisch gebranntmarkt. Kaum war die Corona-Zeit vorbei, hieß es erneut Solidarität zu zeigen, diesmal mit der mit der Ukraine, auf deren Terrain ein Krieg der Nato-Hemisphäre mit Russland ausgetragen wurde.

Dieese Renaissance hätte man kaum für möglich gehalten, nachdem sich bereits in den 60er Jahren der tschechische Regiseur Milos Forman in einer im noch kommunistisch geprägten Ostblock über das Schlagwort der Solidarität  lustig gemacht hatte. Dort ein Begriff, der in jeder Ansprache vorkommen musste und ohne den keine Gebrauchsanweisung für Küchengeräte auskam. In dem Film"Der Feuerwehrball" hat der Bürgermeister eine Rede verfasst. mit der er noch unzufrieden ist. Ein entscheidendes Element fehlt noch. Die ganze Gemeinde rätselt mit, was es denn sein könnte. Ein bestimmtes Wort, nur was war es noch gleich? Einem fällt es schließlich ein: Solidarität! Alle atmen erleichtert auf und nicken sich anerkennend zu. Nun scheint die Rede perfekt.

 

- Es scheint symptomatisch, wenn das Schlagwort, das einstmals für die moralische Anleitung des kommunistischen Kollektivzwangs stand, im postmodernen Kollektivzwang der globalen Finanz- und Digitalkonzerne wieder auflebt. -

So auch die Kirchen: Bischöfe fordern Solidarität bei weltweiter Corona-Impfstoffverteilung

 11.05.2021 katholisch.de Bischöfe fordern weitere Hilfe und Solidarität für die Ukraine / 

Bischöfe zur Europawahl: Solidarität und Demokratie stärken https://www.bischofskonferenz.at 

Bischöfe fordern Solidarität mit Menschen in Krisenregionen https://www.domradio.de 

Tatsächlich fällt bei den kirchlichen Verlautbarungen das Wort Solidarität ungleich häufiger als Nächstenliebe.

 

- Nächstenliebe ist ein überstrapaziertes Wort.  -

 

- Ach? Und Solidarität nicht?

 

- Solidarität und Mitverantwortung gegenüber den anderen Menschen ist besser. Gottesliebe, wie die Liebe allgemein, kann man nicht verordnen.

Liebe liegt außerhalb unseres Willens! Sagt auch Nietzsche:

„Man kann Handlungen versprechen, aber keine Empfindungen; denn diese sind unwillkürlich. Wer jemanden verspricht, ihn immer zu lieben oder immer zu hassen oder ihm immer treu zu sein, verspricht etwas, das nicht in seiner Macht steht.“

 

- Das ist ein romantisch-klischeehaftes Verständnis von Liebe, welches den Menschen als bestimmt durch eine Art seelische Wetterlage betrachtet und Liebe dergestalt als Regen oder Wind je nach

Wetterlage.  Ein psychologistischer Determinismus, Grundzug der einer Zivilreligion.

Es ist eine moderne Verzerrung des Begriffs.

Mit Liebe im ursprünglichen Sinne des christlichen Agape, abgeleitet

aus dem hebräischen Ahava ist etwas anderes gemeint: Liebe ist nicht nur eine Empfindung, sie ist die grundsätzliche Bereitschaft in eine geistige Beziehung zu treten. Daraus erst resultiert unter anderem die Empfindungsfähigkeit des Menschen, wie auch überhaupt sein Person-Sein.

Es ist diese grundsätzliche Anleitung zur Begegnung, zu der die Weisung der Nächstenliebe orientiert. Liebe ist in diesem Sinne eine permanente Entscheidung um des Anderen willen.

Daher betrifft die Weisung gerade nicht das Handeln des Menschen, sondern das Sein des Menschen als ein Ich-Wesen, welches einem Du gegenübersteht.

 

Die Weisung zur Nächstenliebe geht in fundamentaler Weise über den Pragmatismus der Goldenen Regel, oder den Umkehr-Egoismus einer "Solidarität" und einer "Mitverantwortung" hinaus.